Eine jahrelange Vorbereitung auf eine Reise oder eine kulturelle Veranstaltung ist seit Pandemiebeginn nichts Ungewöhnliches. So hatten auch die Reisevorbereitungen des gemischten Chors Tågelund koret aus Vejen, (in der Nähe von Billund) für einen Besuch in Hamburg „nur“ bummelige zweieinhalb Jahre gedauert. Die erste Kontaktaufnahme war nämlich bereits in 2019 für einen geplanten Besuch in 2020 erfolgt; aus genannten Gründen konnte dieser Besuch leider nicht stattfinden. Wir hatten aber den Kontakt gehalten, und nun war es tatsächlich so weit: Die Dänen kamen endlich am 27. Mai 2022!
An einem langen Wochenende hatten sich etwa 25 Mitglieder auf den Weg nach Hamburg gemacht. Neben den obligatorischen Touristenzielen in Hamburg mit Stadtrundfahrt, Hafen und Elbphilharmonie standen in Schleswig-Holsteins Süden ein Brauereibesuch und die Backstage Erkundigung der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg auf dem Plan. Bei einer Chorreise muss natürlich gesungen werden, und so hatten wir uns am Freitagabend zum gemeinsamen Singen in unserem Proben- und Auftrittsraum in Langenhorn verabredet.
Der dänische Chor sang uns Stücke in deutscher, englischer und dänischer Sprache von alt bis modern vor, und das a cappella. Und Mann, waren die gut! Wir waren beeindruckt. Beide Chöre hatten unter anderem ein dänisches Lied zum gemeinsamen Singen vorbereitet – „I skoves dybe stille ro“, eine Komposition des dänischen Chorleiter Ebbe Kaad Jakobsen – , und der volle Raumklang der vielen Stimmen war ganz wunderbar. Dann trugen wir unseren Gästen ein buntes Programm typisch hamburgischer Lieder und Auszüge unseres Saisonkonzerts vor. Dabei wollten wir unseren Gästen nicht nachstehen und konzertierten gleichfalls über größere Strecken ohne instrumentale Begleitung.
Das durch ein Losverfahren ermittelte gemischt-gemeinsame Zusammensitzen brachte die Mitglieder beider Chöre schnell in Kontakt. Alle hatten sich natürlich vorab getestet, um das Risiko einer Ansteckung so klein wie möglich zu halten. Die Verständigung klappte auch sehr gut – auf deutsch oder englisch oder an manchen Tischen eben mit Händen und Füßen.
Nachdem das bunte Buffet, das wir vorbereitet hatten, weitestgehend geplündert war, bereicherten einige kurzweilige Spiele und weitere Gesangseinlagen den Abend. Die Dänen hatten von einem Irland-Besuch den „Irischen Reisesegen“ mitgebracht, den sie uns als Abschiedslied präsentierten.
Die dänischen Chormitglieder hatten schon einige Reisen in europäische Länder unternommen, um sich dann mit einem örtlichen Chor im jeweiligen Land zu treffen. Für unsere Chormitglieder und den Vorstand war dieses Konzept ganz neu und daher ziemlich aufregend, weil wir nicht wussten, was uns erwarten würde, Die ausgesprochen bemerkenswerte Herzlichkeit unserer Gäste wischte alle Bedenken im Nu beiseite. Natürlich haben wir uns gleich für einen Gegenbesuch im nächsten Jahr verabredet.
In Gesprächen erzählten uns die Dänen auch, mit welchem für uns unbekannten Stellenwert das Chorsingen in Dänemark behandelt wird. Beispielsweise stellt die Gemeinde kostenfrei einen Probenraum zu Verfügung und trägt Anteile des Chorleitergehalts und jährlich wird auch ein Budget für Noten zur Verfügung gestellt.
Dann schritten wir gemeinsam zur Plünderung des Buffets. Wir hatten mit Spielkarten als Platzkarten für eine gute Durchmischung der Sänger beider Gruppen gesorgt, was sich sehr positiv auf die Verständigung auswirkte. Im Laufe des Abends führte Petra noch durch mehrere Gruppenspiele, unter anderem der Darstellung europäischer Wahrzeichen wie der kleinen Meerjungfrau aus Sängern durch einen Architekten die dann von allen geraten wurden. Die Gäste unterhielten uns mit einem kleinen Flashmob mit einem dänischen Lied, an dem auch Petra von uns teilnahm, sangen aber auch noch weitere Lieder aus ihrem Repertoire. Gegen 21:30 wurden unsere Gäste wieder abgeholt.
Es war ein toller Abend, der wie ein Kurzurlaub – mal völlig raus aus dem Alltag – nachhallte. Denn alleine schon das Zusammensitzen und gemeinsame Verzehren der Speisen hatte lange Zeit in keiner oder nur sehr restriktiver Form stattfinden können.
Nach dieser positiven Erfahrung erscheint dieses Konzept des Treffens mit einem örtlichen Chor in einem anderen Land ein nachahmenswertes Konzept zu sein, zumal jegliche Treffen solcher Art einen wertvollen Beitrag zur nachbarschaftlichen Völkerverständigung darstellen.
r.steinkraus, p.fiene